Schon morgens geht es los. Erst kommt Tony mit seiner Masche. Danach Renate, gerade aus den Federn gekrochen und in die Zeitung vertieft. Das Radio dudelt.
Wer ist dran mit Frühstück? Sie oder Er? Und wo sind die Eier ? ...
Im Idyll einer Frühstückswelt entspinnt sich aus dem "Sprelacart-Küchen-Möbilar" ein rasantes Spiel zwischen Mann und Frau, zwischen Hahn und Hennen.
»Frühstück Sprelacart« beleuchtet eine absurde Welt aus Wolle und Gehäkeltem - inszeniert wie ein "gestischer Comic“ aus den 60-er Jahren.
„Manche Hähne glauben, dass die Sonne ihretwegen aufgeht.“ Theodor Fontane
MITWIRKENDE:
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Regie: Gabriele Hänel• Spiel: Marlis Hirche, Oliver Dassing
• Szenografie: Klemens Kühn
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Technik: Marcus Dassing / Kraut Hills / Thomas Schmidt
• Anfertigung: "lalaine" Berlin
• Gehäkelte Requisiten: Monika Mitlewski, Monika Dallwitz
• Holzbauten: Gebrüder Dassing
• Hilfsarbeit: Kraut Hills
• Dauer: ca. 50 Minuten
• Premiere: 30. Oktober 2010
Eine Koproduktion mit der SCHAUBUDE BERLIN
unter Verwendung der Inszenierung »Hahn Weltherr« frei nach Milan Pavlik
(Regie, Szenographie 1976: Peter Waschinsky)
INFO:
Sprelacart ist der DDR-Markenname für spezielle mit Kunstharz gebundene Schichtstoffplatten. Das Herstellungsverfahren dafür wurde 1919 in den Römmler-Werken in Spremberg entwickelt und das Produkt 1930 „Resopal“ getauft. Bekannt ist Sprelacart vor allem durch die in der DDR gefertigten Küchenmöbel und Schrankwände, die eine leichte und hygienische Reinigung der Oberflächen ermöglichte. Besonders in den Küchen-Zellen der Plattenbauten aus den 1950er bis 1970er Jahren wurden Einbaumöbel mit dieser Beschichtung eingesetzt. Der Name Sprelacart - ist zusammengesetzt aus den Worten:
Spremberg, Laminat und Carton. (Quelle: Wikipedia)
PRESSE:
Jeden Morgen Hahnenappell - "Frühstück Sprelacart" im Schaubude-Abendprogramm
"Rituale sind eine praktische Sache. Auch für den Alltag. Man kann sich daran festhalten, muss seine Welt nicht täglich neu erfinden. Marlis Hirche und Oliver Dassing sind im Stück "Frühstück Sprelacart" gerade aus den Federn gekrochen. Tony durchquert schon mal den Frühstücksstandort, ob sich schon was bewegt. Renate, in die neuesten Nachrichten der Zeitung vertieft, findet sich auch behäbig ein. Das Radio dudelt. Er drückt sich weiter herum, wichtige Gänge vortäuschend. Endlich holt sie das Geschirr aus dem Schrank, später auch Leckeres. Worte werden nicht gewechselt. Die tun jetzt nichts zur Sache. Um so schöner sind die Gesten der zwei Spieler in ihrer vermeintlichen morgendlichen Gemeinsamkeit.
So ist das immer. Die beiden sind in ihr Ritual verstrickt.
In der Inszenierung von Gabriele Hänel müsste man eigentlich sagen verhäkelt. Denn alle Utensilien auf dem Tisch sind gehäkelt. Der Stücktitel beseitigt letzte Zweifel. Einmal Sprelacart immer Sprelacart. Bereits 1919 in Spremberg erfunden, wurde die mit Kunstharz gebundene Schichtstoffplatte in der DDR für Küchen und Schrankwände zur Marke. Selbst eine versehentlich auf der Arbeitsplatte liegende brennende Zigarette konnte mit ihrer 700-Grad-Glut keinen Schaden anrichten.
Die Schichtstoffplatte hat auch die DDR überlebt. Heute noch aus Spremberg kommend, ist Sprelacart auf dem Markt. Wahrscheinlich wird die Platte alles überdauern, was es so zu überdauern gibt. So weit so gut. Das Vorspiel nähert sich dem Ende. In dem Stück fehlen nur noch die Frühstückseier. Die Frau verschwindet hinter dem Schrank, er nutzt die Gelegenheit, sich wüst am Tisch zu benehmen, wie er es liebt, bevor sich der Schrank in ein Puppentheater verwandelt. ...
Die aktuelle 50-minütige Inszenierung für Jugendliche und Erwachsene besitzt schöne Metaphern. Da kommen Dinge zur Sprache oder auch nicht, die sind wie - na eben wie Sprelacart."
Lucia Tirade, Neues Deutschland, 17. Januar 2011